Um einem möglichen Missverständis gleich vorweg zu begegnen: Dies ist kein Lehrmaterial für das Selbststudium als Anfänger!
Dieser Kursus setzt voraus, dass ein Lehrer resp. Lehrerin die Einführung und regelmäßige Kontrolle über Haltung und Spieltechniken übernehmen kann.
Wohl aber könnte man als Wiedereinsteiger aus diesem didaktisch geordneten Lehrstoff sich den passenden Beginn heraussuchen und weitgehend selbständig damit arbeiten.
Hauptzielgruppe dieses Kurses sind Kinder ab dem 2./3. Schuljahr. Aber auch Jugendliche und Erwachsene kommen mit diesem Unterrichtsmaterial, nach aller Erfahrung, sehr gut zurecht.
Die Ausbildungsdauer – für einen musikalisch und motorisch durchschnittlich veranlagten Anfänger – beträgt in der Regel zwei Jahre. In dieser Zeit werden die wesentlichen Grundlagen des klassischen (akustischen) Gitarrespiels vermittelt.
Was soll, was kann der Gitarre Kursus!?
Einen Lehrstoff zu programmieren bedeutet, ihn in kleine, didaktisch aufeinanderfolgende Schritte aufzugliedern. (...)
Die Technik des Programmierens von Lehrstoffen wurde zwar ursprünglich entwickelt, um dem Lernenden die Möglichkeit zu geben, weitgehend im Selbststudium arbeiten zu können. Die dafür notwendigen Rückmeldungen wurden hier jedoch nicht mitprogrammiert. Als Begründung sei nur aufgeführt, dass eine „Vollprogrammierung“ das Verhältnis von Aufwand und Nutzen bei weitem gesprengt hätte.
Hier übernimmt der/die Lehrende die Korrekturen und Erfolgsmeldungen. Auch auf programmierte Darstellungen von Haltungen und Spieltechniken wurde bewusst verzichtet.
Dadurch sind für die Unterrichtenden alle Freiheiten gegeben, ihre eigenen erprobten und bewährten Vorstellungen zu vermitteln.
Darüber hinaus gestattet die programmierte Form sogar den Austausch und/oder die Ergänzung einzelner Lernschritte durch ein anderes Übungsmaterial zu ersetzen, welches vom Lehrer im Einzelfall als besser geeignet eingeschätzt wird.
In jedem Falle bilden die hier aufbereiteten Lernschritte eine solide Grundlage für die individuelle Stundenvorbereitung!
Der programmierte Aufbau ermöglicht es weiterhin, die Aufgabenstellung zeitlich unabhängig vom Unterricht und trotzdem gezielt und spezifisch nachzuvollziehen. Durch die Überschaubarkeit kleinstmöglicher Lernschritte, ihrer zusätzlich textlichen Darstellung und der Vertiefung durch gesteuerte Fragestellungen bzw. Übungsaufgaben lässt sich das Wesentliche dieser Unterrichtseinheiten mental und motorisch optimal umsetzen.
Diese Eigenschaften programmierter Unterweisung schaffen günstige Voraussetzungen auch für einen effektiveren Gruppenunterricht.
Die dort unvermeidlich eintretenden Streuungen der Lernleistungen aller Gruppenmitglieder lassen sich durch ein programmiertes Konzept beispielsweise viel leichter dirigieren.
Die zusätzlich im Programm enthaltenen Lernschritte zur Liedbegleitung sind, aus rein praktischen Erwägungen heraus, nicht zwingend in den Programmablauf integriert. Aus ebenso praktischen Gründen sind sie doppelt angelegt, um auch die Weihnachtslieder gegebenenfalls nahtlos einbinden zu können. Das Weglassen dieser Übungsschritte birgt daher für die rein gitarristische Ausbildung keinen wesentlichen Informationsverlust.
Als Festigung und Vertiefung des vorher Erfahrenen und Geübten bilden sie jedoch wertvolles Material, denn sie fügen sich folgerichtig in das Gesamtprogramm ein.
Die Bezeichnung „Kursus“ – als ein „vorbereitender Lernweg“ – habe ich mit Bedacht gewählt! Dabei stand folgender Gedankengang Pate:
Seine Muttersprache erlernt man nur beiläufig, sozusagen „im Vorbeigehen“. Niemand käme auf die Idee, einem Vorschulkind den Unterschied zwischen Genitiv und Dativ mit grammatikalischen Techniken beizubringen.
Es genügt noch vollkommen den Klang der Sprache zu hören, seine Bedeutung zu erleben und die so verstandenen Worte und Sätze ganz allmählich nachzuahmen.
Das Vertrauen auf eine gesunde Neugier, die Motivation es einem Vorbild gleichzutun und die freundlichen Korrekturen sind in diesem Stadium des frühkindlichen Lernens ganz und gar ausreichend.
Dieses „kursorische Lernen“ ist das Vorbild für das Gitarre-Lehrprogramm!
Wie ein Kursus soll das Programm vorbereitend vermitteln, was man zu einer späteren, weiterführenden Erlernung der „musikalischen Sprache auf der Gitarre“ benötigt:
• Ein sicheres metrisches Empfinden,
• ein gutes rhythmisches Gefühl,
• die Erfahrung tonaler Zusammenhänge,
• bewusstes Erleben musikalischer Strukturen
und natürlich nicht zuletzt,
• das Kennenlernen der Gitarre als Werkzeug
und Hilfsmittel zur Entwicklung einer musikalischen Persönlichkeit.
Zum Werdegang dieses Kursus
Natürlich hatte ich das Unterrichtsprogramm zunächst einmal für meinen eigenen Gebrauch geschaffen.
Der Anlass führt zu meinem zweiten Studium „Pädagogische Psychologie“.
Damals konnte ich „am eigenen Leibe“ programmiertes Lernen anhand eines Lehrprogramms für Statistik kennenlernen. Für meine Diplomarbeit schrieb ich dann ein Gitarre-Lehrprogramm mit 24 Schritten als Hintergrund zu einem psychologischen Thema [vgl. Literaturverzeichnis (7)].
Zu Beginn der 90-iger Jahre hatte ich das Glück, an einem interessanten Unterrichtsprojekt meines ersten Gitarrelehrers, Martin RÄTZ, teilhaben zu dürfen. Hier lernte ich den fachmethodischen Ansatz, der diesem Gitarre-Kursus zugrunde liegt, genauer kennen und schätzen.
Die so erworbenen Kenntnisse und natürlich meine Erfahrungen als Fachlehrer für Gitarre, mündeten dann von 1994 bis1998 in einen abgeschlossenen „(teil-) Programmierten Unterricht“ mit 72 Lernschritten, der im Verlaufe von zehn Jahren verbessert und ausgebaut wurde.
Die vorliegende Fassung mit 78 Schritten ist die überarbeitete Weiterführung einer erfolgreichen Unterrichtserfahrung mit diesem Material bei Kindern, Jugendlichen und auch bei schon erwachsenen Schülern.
Nun, wo der Gitarre Kursus fertig vorliegt, gilt es nicht nur meinem Musikschullehrer M. RÄTZ, sondern auch meinen Hochschulleher Herrn Prof. Werner PAULI, zu danken, der mir bei der Ur-Fassung dieses Kursus mit wohlwollender Kritik zur Seite stand und ebenso das „Gitarre-Lehrprogramm“, als ein Bestandteil der Diplomarbeit, freundlich und selbstlos unterstützte.
Ein extra Dank gilt auch Kathrin SCHINK, die mit ihren Illustrationen zu einer vergnüglichen Erläuterung beigetragen hat.
nule-catule.de 2008/2023
Jürgen Ziergiebel